Physikalisches Modell erklärt Stau

Jan Oliver Löfken

Unten im Bild stehen viele Autos auf einer Autobahn, vom Betrachter aus wegzeigend, hintereinander auf einer Autobahn. Oben ist eine schwarze Tafel, auf der „Stau“ steht und ein rotes Dreieck mit drei Autos abgebildet ist.

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Ereignet sich ein Unfall auf einer Autobahn, bildet sich dahinter ein Stau. Doch auch ohne eine so eindeutige Ursache kann der Verkehr ins Stocken geraten. Wie es dazu kommt und welche Faktoren einen solchen Stop-and-go-Verkehr begünstigen, erklären zwei Wissenschaftler mit einen relativ einfachen physikalischen Modell. Wie die beiden in der Fachzeitschrift „Journal of Statistical Mechanics: Theory and Experiment“ berichten, hängt die Staubildung demnach vor allem von drei Faktoren ab: Verkehrsdichte, Geschwindigkeit und Reaktionsvermögen der Fahrenden.

Als Basis für ihr Modell nutzten Alexandre Solon von der Sorbonne Universität in Paris und Eric Bertin von der Universität Grenoble die Gesetzmäßigkeiten, gemäß derer sich Atome in einem Gas bewegen. In einem Gas sind die einzelnen Atome schneller, je wärmer es ist. In mehreren Stufen verfeinerten die Wissenschaftler dann das Modell. So beschränkten sie es auf eine eindimensionale Bewegung, also eine Bewegung entlang einer Linie. Für ein Staumodell sei das geeignet, „weil die einzelnen Elemente sich nur in eine Richtung bewegen können – wie in einer einspurigen Einbahnstraße“, sagt Solon.

Doch zu modellieren, wie sich Fahrzeuge auf einer Straße bewegen, ist komplizierter. So ergänzten die Forscher weitere Parameter, um neben der Geschwindigkeit auch eine gewisse Trägheit der sich bewegenden Partikel zu simulieren. Auch Faktoren wie dazukommende und abbiegende Partikel bezogen sie mit ein. Mit diesem verfeinerten Modell ließ sich die Staubildung schließlich mathematisch genauer beschreiben.

Einfaches Modell beschreibt Stop-and-go-Bewegung gut

Dem Modell zufolge ist stockender Verkehr umso wahrscheinlicher, je träger die beteiligten Fahrzeuge reagierten, sich also verzögert an eine geänderte Durchschnittsgeschwindigkeit anpassten. Entsprechend wirkt sich das Reaktionsvermögen aus, das sich beispielsweise mit zunehmender Müdigkeit der Autofahrerinnen und -fahrer verlangsamt. Auch Partikel, die sich im Modell aus dem Teilchenstrom entfernten oder dazukamen, steigerten das Risiko für eine Stop-and-go-Bewegung. Auf den Autoverkehr übertragen bedeutet dies ein erhöhtes Staurisiko, wenn sich zusätzliche Fahrzeuge an einer Auffahrt einfädeln oder viele Autos die Spur wechseln.

In mehreren Tests konnte dieses relativ einfache Modell auf der Basis physikalischer Prinzipien erfolgreich erklären, wie Staus ohne erkennbare Ursache wie einen Unfall entstehen. Das gelang zwar bereits mit anderen Modellen zur Simulation des Straßenverkehrs. Der Vorteil des neuen Ansatzes liegt jedoch in der relativ einfachen mathematischen Beschreibung, in die nur wenige Parameter einfließen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2024/verkehr-physikalisches-modell-erklaert-stau/